Perspektive Pflege
Wie sieht die Pflege der Zukunft aus - in Krankenhäusern, in Pflegeeinrichtungen oder ambulant? Wie verändert sich der Beruf und auch der Ausbildungsweg? Wohin werden die Entwicklungen führen? Hier erzählen Pflegende aus ihrer Perspektive.
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„Wenn wir nicht positiv über unseren Beruf sprechen, wird es auch kein anderer tun.“
Wie schätzen Sie die derzeitige Lage für Pflegekräfte ein?
Ich halte es für überfällig, dass der Pflegeberuf in der breiten Öffentlichkeit endlich als das ankommt, was er ist: Ein vielfältiger Beruf mit großen Aufstiegschancen, mit einer hohen Spezialisierung und auch Akademisierung. Und vor allem: Es ist ein zutiefst erfüllender Beruf, bei dem uns Pflegenden so viel zurückgegeben wird. Wir Pflegenden sollten das auch transportieren und die positiven Seiten unseres Berufs in den Vordergrund stellen. Wer sollte denn das sonst machen, wenn nicht wir selbst?
Klar hat insbesondere die Arbeitsverdichtung in den vergangenen Jahren stark zugenommen und die zahlreichen Dokumentationspflichten nerven, da will ich gar nichts schönreden. Aber wir erleben doch auch täglich, was wir gemeinsam als Team bewegen können und welche Dankbarkeit uns seitens der Patienten entgegengebracht wird. Die Pflege ist das Rückgrat der Gesundheitsversorgung – und daher sollten wir uns auch gerademachen, stolz sein auf unseren Beruf und das nach außen zeigen. Nochmal: Wenn wir nicht positiv über unseren Beruf sprechen, wird es auch kein anderer tun.
Wie schätzen Sie sich als Pflegedirektor ein?
Zunächst, und das ist mir besonders wichtig, bin ich ein Teamplayer: Ich komme aus der Intensivpflege, da muss man als Team reibungslos zusammenarbeiten – und zwar berufsübergreifend. Diese Erfahrung prägt mein Verständnis von Pflege wie auch von Führung und ich weiß, dass Daniel Centgraf, mein Stellvertreter, sehr ähnlich tickt. Das heißt konkret, dass wir Pflege gemeinsam mit unseren Stationsleitungen und allen weiteren, die sich einbringen wollen, gestalten.
Wir haben eine unglaubliche Kompetenz in den einzelnen Bereichen gebündelt, es wäre grob fahrlässig, wenn wir dieses Know-how nicht an jeder Stelle mit einbeziehen würden. Dazu gehören selbstverständlich auch flache Hierarchien: Wer mich erreichen will, kann mich direkt über mein Haustelefon anrufen. Ich werde nicht immer sofort antworten können, aber ich rufe zurück, versprochen. Das gilt auch für Pflegende, die mehr über die Arbeit im Albertinen Krankenhaus oder Albertinen Haus erfahren möchten, um gegebenenfalls bei uns zu arbeiten: 040 55 88-6733. Ich werde nicht immer sofort zur Verfügung stehen, aber wir verabreden uns gerne auf ein längeres Telefonat oder persönliches Treffen.
Ich stehe für eine selbstbewusste Pflege, die weiß, was sie wert ist. Ich will der Pflege eine vernehmbare Stimme zu geben. Trotzdem halte ich nichts davon, sich berufspolitisch von der Ärzteschaft, den Therapeuten usw. abzugrenzen. Wir sind ein Team. Ein Team, das berufs- und fachübergreifend Hand in Hand zusammenarbeitet, um dem Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen zu lassen. Natürlich kommen die Patienten eher aufgrund des besonderen Rufs der Ärzteschaft oder auch nur eines einzelnen Arztes zu uns als wegen der Pflege. Das ist auch in Ordnung. Aber sie verlassen unser Haus oftmals mit der Erkenntnis, dass für den Behandlungserfolg eben nicht nur der Operateur verantwortlich ist, sondern genauso eine kompetente und zugewandte Pflege. Und das ist dann auch in Ordnung.
Was zeichnet die Pflege im Albertinen Krankenhaus aus?
Dazu könnte ich viel erzählen, aber interessanter ist doch zu hören, was Pflegende sagen, die gerade neu zu uns gekommen sind: Sie loben die Arbeit in den Teams und unseren Führungsstil mit flachen Hierarchien. Sie betonen die Freiräume für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und den besonderen Spirit des Hauses. Immer wieder hervorgehoben wird auch unser Programm zur Existenziellen Kommunikation und Spiritualität in der Pflege – dahinter steht ein Konzept, wie wir mit den Nöten und Sorgen der Pflegenden in Grenzsituationen umgehen. Wir lassen die Pflegenden mit dem, was sie in ihrer Arbeit an Belastendem erleben, nicht alleine. Hinzu kommen solche Dinge wie ein Pflegepool, mit dem auch kurzfristige Ausfälle aufgefangen werden können oder unser wirklich hervorragendes Angebot in der Fort- und Weiterbildung.
Sie engagieren sich ehrenamtlich in dem Projekt „Herzbrücke“ der Albertinen Stiftung und begleiten regelmäßig herzkranke afghanische Kinder auf dem Weg zur lebensrettenden Operation in Hamburg und zurück. Was ist das Besondere daran?
Es ist eine zugleich sehr schöne wie verantwortungsvolle Aufgabe, die kranken Kinder am Flughafen in Kabul in Empfang zu nehmen und bei den Familien – die ihre Kinder ja in die Hände völlig fremder Menschen in einer komplett anderen Kultur geben – um Vertrauen zu werben. Es sind Familien aus ärmsten Verhältnissen, denen ein anderer Weg zur dringend notwendigen medizinischen Hilfe für ihre Kinder nicht offensteht. Auf dem Flug geht es dann in erster Linie darum, den Abschiedsschmerz der Kinder von ihren Eltern und vorhandene Ängste abzubauen. Für die Kinder bedeutet die Reise sehr viel: Sie verlassen ihre Heimat das erste Mal, dazu noch ohne Eltern und zu dem Zweck, sich in einem fremden Land einer Herzoperation zu unterziehen. Die Eltern vertrauen uns ihre Kinder an, einem christlichen Krankenhaus. Dies ist gelebte Völkerverständigung. Diese Reisen lehren einen immer wieder Demut. Nach Ankunft am Hamburger Flughafen erfolgt dann die Übergabe der Kinder an ihre Gastfamilien, bei denen sie ungefähr acht Wochen leben werden. Es ist schön zu sehen, wie herzlich die Kinder nach den großen Strapazen des Fluges in die Familien aufgenommen werden.
Auf dem Weg zurück ist es dann ein völlig anderes Bild: Die Kinder, die auf dem Hinflug noch durch ihre schwere Herzkrankheit gezeichnet waren, sind nun putzmunter, können im Flugzeug kaum stillsitzen und freuen sich auf das Wiedersehen mit ihren Eltern und Geschwistern in Afghanistan. Die eine oder andere Träne fließt natürlich zuvor am Hamburger Flughafen, wenn Abschied von den Gastfamilien genommen wird. Aber spätestens, wenn in Kabul die Kinder von ihren Eltern liebevoll in die Arme geschlossen werden, ist die Welt wieder in Ordnung. Dieses ist jedes Mal wieder ein sehr ergreifender Moment für mich. Die Dankbarkeit der Eltern und Familien ist überwältigend und für mich jedes Mal Bestätigung dafür, dass wir mit diesem Projekt etwas sehr Sinnvolles tun. Und ich finde es großartig, dass viele Gastfamilien ihre ehemaligen Gastkinder auch weiterhin unterstützen, etwa in dem sie ihnen finanziell den Besuch einer Schule ermöglichen. Das „Herzbrücke“- Projekt wird von vielen Menschen bewegt – ich bin stolz darauf, einen kleinen Teil zu diesem Erfolg beizutragen.
Gibt es für Sie auch ein Leben außerhalb des Berufs?
Oh ja! Ich liebe lange ausgedehnte Spaziergänge durch unsere Stadt – oftmals auch mit einem Fotoapparat in der Hand, denn ich bin leidenschaftlicher Hobbyfotograf.