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Fastenzeit oder einen menschenfreundlichen Umgang üben
Mit dem Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit, die in der kirchlichen Tradition der Vorbereitung auf Ostern dient – vierzig Tage.
Fasten ist längst populär geworden, etwa um zu entschlacken und zu entgiften, aber auch Ballast von der Seele zu werfen. Die Auswahl an Fastenmethoden dazu ist riesig, Vom Heilfasten nach Buchinger oder Intervallfasten über das Fastenwandern bis hin zum Fasten als Verzichtsübung – um nur einige zu nennen.
In der kirchlichen Tradition dient die Fastenzeit der Vorbereitung auf Ostern – vierzig Tage. Erzählt wird dazu die Geschichte aus der Bibel, in der der Rabbi Jesus vierzig Tage fastend in der Wüste verbringt. Für eine Zeit unterbricht er das „normale“, übliche Leben, verzichtet auf Gewohntes, widersteht Versuchungen, um sich klar zu werden, ob das sein Weg ist, auf den er sich eingelassen hat: die Liebe Gottes zu den Menschen zu leben – Mitmenschlichkeit zu üben.
Wir müssen in diesen Tage miterleben, dass einzelne Menschen das Miteinander aufgekündigt haben und andere dazu zwingen, gegeneinander Krieg zu führen, einander zu töten. Statt Achtung und Respekt voreinander herrscht aufgenötigte Verachtung und Ablehnung. Menschen sollen einander nicht mehr Menschen sein – wie schlimm ist das.
Dass wir in den Einrichtungen und Gesellschaften der Immanuel Albertinen Diakonie menschlich mit einander umgehen, dürfen wir erwarten und wird doch immer wieder vermisst. Mitarbeitende sind mitunter irritiert und erschrocken wie mit ihnen umgegangen wird. Oft merken wir gar nicht mehr, wie wir mit unserem Verhalten Respekt vermissen lassen und andere verletzen.
Die Fastenzeit ist eine Gelegenheit, sich einmal die Zeit zu nehmen, Einstellungen im übertragenen Sinne tatsächlich zu entschlacken und zu entgiften. Fastenzeit als Übungszeit, um bewusst auf einen mit-menschlichen Umgang zu achten, auf das, was das Miteinander stärkt und die Zusammenarbeit fördert.
Ich lade uns ein, in den kommenden Wochen für das eine oder andere Verhalten aufmerksam zu sein und dieses auch bewusst zu üben.
Beispielsweise unsere Aufmerksamkeit denen zu schenken, an denen wir so schon mal vorbeisehen, für die wir nicht ohne weiteres einen Blick haben. Wir treffen im Laufe eines Tages auf zahlreiche Kolleginnen und Kollegen. Egal wer es ist, es ist immer ein Mensch. Jede und jeder ist einen beachtenden Blick, einen freundlichen Gruß wert.
Oder ein echtes Interesse füreinander aufbringen. Ein ehrliches „Wie geht es Ihnen?“ drückt Anteil am Ergehen der einen oder des anderen aus, zeigt Verständnis füreinander und schafft ein vertrauensvolles Klima.
Genauso wichtig ist es, die Fähigkeiten und das Tun anderer anzuerkennen sowie zu würdigen. Wir haben alle unsere Aufgaben, denen wir nachgehen. Wir müssen unser unterschiedliches Können nicht als bedrohliche Konkurrenz empfinden, sondern dürfen sie als Bereicherung ansehen. Ein „Danke“ oder „Das machen Sie gut“ trägt zu einer motivierenden Kultur der Wertschätzung bei.
Was sicher auch immer wieder geübt werden will: zuzulassen, dass niemand perfekt ist, auch ich selber nicht. Dazu gehört, Kritik zu erlauben, mich hinterfragen zu lassen, gestatten, dass mir widersprochen wird.
Gerade in diesen aufwühlenden Tagen, die uns verunsichern und in großer Sorge sein lassen, brauchen wir einen friedvollen und menschlichen Umgang miteinander. Und da tut es gut, wenn wir den in unserem täglichen Arbeitsfeld erleben können.
Wir haben nichts gegen den großen Krieg in der Hand, der in unserer mittelbaren Nachbarschaft tobt. Was wir aber können ist, anstelle der vielen kleinen Kriegereien an soviel Gelegenheiten wie möglich soviel Menschenfreundlichkeit wie möglich zu üben.