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Aufwändige Operation bringt Patientin mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung Lebensqualität zurück

Im Evangelischen Amalie Sieveking Krankenhaus in Hamburg-Volksdorf haben Ärzte eine aufwändige Operation zum Erhalt der Stuhlkontinenz erfolgreich durchgeführt. Die operierte Patientin leidet bereits seit vielen Jahren an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (Colitis Ulcerosa). Im früheren Verlauf der Erkrankung wurde ihr der Dickdarm entfernt und ein Dickdarmersatz gebildet (ileoanaler J-Pouch). Aufgrund damit bestehender Probleme setzten die Chirurgen jetzt ein operatives Verfahren ein, bei dem ein Beutel aus Dünndarmschlingen unterhalb der Bauchdecke angelegt wird. (Kock-Pouch). So bleibt die Stuhlkontinenz gewährleistet. Prof. Dr. Christoph Isbert, Chefarzt der chirurgischen Klinik im Amalie sowie Prof. Dr. Karl-Wilhelm Ecker, ehemaliger langjähriger chirurgischer Chefarzt in Waren an der Müritz, führten die rund dreistündige Operation durch. Die 63jährige Patientin hat den Eingriff gut überstanden und erfreut sich einer völlig neuen Lebensqualität.

Colitis Ulcerosa: Hoher Leidensdruck
Colitis Ulcera ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Dickdarms, die Geschwüre verursacht und in Schüben verläuft. Betroffene leiden unter anderem häufig unter blutig-schleimigen Durchfällen, krampfartigen Bauchschmerzen und ständigem Stuhldrang. Die Ursachen für die Erkrankung sind noch nicht völlig erforscht, vermutet wird aber eine überschießende Reaktion des Körpers. Sicher ist hingegen, dass die Krankheit das Risiko eines späteren Darmkrebses erhöht. Behandelt wird die Colitis Ulcerosa in den meisten Fällen medikamentös.

Chirurgischer Eingriff als letzte Option
Doch wenn die Entzündung weit fortgeschritten ist, bleibt manchmal nur der chirurgische Eingriff, um den Leidensdruck der Betroffenen zu lindern. Hierzu wird in der Regel der gesamte Dickdarm inkl. Mastdarm entfernt (Prokto-Kolektomie). Um die Stuhlkontinenz zu erhalten, wird eine direkte Verbindung zwischen dem letzten Abschnitt des Dünndarms (Ileum) zum After geschaffen und aus Dünndarmschlingen ein künstlicher Beutel (engl.: pouch) in das kleine Becken eingenäht. Dieser dient als Reservoir für den zumeist flüssigen Darminhalt und ermöglicht eine Entleerung auf dem natürlichen Weg.

Kock-Pouch-Verfahren als Alternative zum künstlichen (Dünn-)Darmausgang
Dieses Operationsverfahren mit Anlage eines sog. ileoanalen Pouches zählt heute zu den Standardverfahren und hat eine Haltbarkeit von ca. 35-40 Jahren. In ca. zehn Prozent der Fälle allerdings kommt es zu schwerwiegenden Komplikationen wie insbesondere Inkontinenz und/oder praktisch dauerhaftem Stuhlgang, die eine erneute Operation mit der Umstellung auf einen künstlichen Ausgang (Stoma) des Dünndarms erforderlich machen. Eine operative Alternative bietet das sog. Kock-Pouch-Verfahren, das nach dem schwedischen Chirurgen Nils Kock benannt ist, der diese Operationsmethode erstmalig 1969 anwandte. Dabei kann der stets Stuhl fördernde künstliche Darmausgang durch die Anlage eines Pouches unmittelbar unter der Bauchdecke vermieden werden. Dieser wird mittels eines Katheters durch ein Ventil alle vier bis sechs Stunden entleert. Als Pionier dieser Operationsmethode in Deutschland hat Prof. Dr. Ecker in den vergangenen Jahrzehnten Modifikationen zum ursprünglichen Verfahren entwickelt.

Amalie auf Patientinnen und Patienten mit Colitis Ulcerosa spezialisiert
Die Operationsmethode erfordert ein hohes Maß an Erfahrung. In Hamburg wird sie nur selten durchgeführt. Professor Isbert und Professor Ecker haben das Verfahren jetzt am Evangelischen Amalie Sieveking Krankenhaus etabliert. Prof. Dr. Isbert: „Die chirurgische Klinik im Amalie ist bereits seit längerem auf die auch operative Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Colitis Ulcerosa spezialisiert. Mit der Kock-Pouch Operation können wir jetzt auch Patientinnen und Patienten, bei denen nach der krankheitsbedingten Entfernung des Dickdarms Komplikationen auftreten, eine Alternative zum künstlichen Ausgang am Dünndarm anbieten.“

Patientin: Enormer Gewinn an Lebensqualität
Die Patientin, die für den Eingriff extra aus dem Ruhrgebiet nach Hamburg gekommen war, ist mit dem OP-Ergebnis hochzufrieden: „In den vergangenen zehn Jahren war an soziale Teilhabe nicht zu denken, da ich 30-35 Mal am Tag eine Toilette aufsuchen musste. Das ist jetzt vorbei und ich genieße es so sehr, endlich einmal wieder in ein Restaurant oder ins Kino gehen zu können. Natürlich bleibt die notwendige Ernährungsumstellung auf geschälte, pürierte und faserarme Kost eine Herausforderung, aber der Gewinn an Lebensqualität ist enorm!“